Zwischen Great Lakes und Maple Syrup – Deutsche im Ausland zuhause

Ist es nicht spannend, wie viele Deutsche es beruflich ins Ausland zieht? Laut Online-Portal Statista haben bereits acht Prozent der Deutschen für eine gewisse Zeit in einem anderen Land gelebt und gearbeitet. Mittlerweile kann sich jeder Dritte Deutsche vorstellen, im Ausland zu arbeiten. Dies hatte eine Umfrage der Marktforschungsinstituts Innofact ergeben.

Es ist ein bunter Haufen Menschen, die es ins Ausland verschlägt.

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Unter Auswanderern und Expatriates gibt es viele spannende Geschichten und unterschiedliche Lebensläufe zu entdecken. Manch einer lebt und arbeitet nur für ein paar Jahre im Ausland und kehrt dann wieder nach Deutschland zurück. Andere wiederum ziehen von Station zu Station und lassen die deutsche Heimat hinter sich. Ist Deutschland dann noch ihre Heimat? Was ist eigentlich „Heimat“? Spannende Fragen, die ich an dieser Stelle (noch) nicht beantworten möchte, denn heute geht es mir um ein anderes Thema:

Deutsche – im Ausland zuhause

Wie ist das, wenn man im Ausland lebt? Was ist anders als in Deutschland und was ist daran so wunderbar? Was fehlt mir? Was habe ich über mich selbst gelernt?

Irgendwo habe ich einmal gelesen, wenn man ins Ausland geht, kommt man als ein anderer Mensch zurück.

Und es stimmt. Bereits als Kind habe ich gemeinsam mit meinen Eltern viele Länder und andere Kulturen entdeckt. Ich bin ihnen dafür sehr dankbar, denn ein jeder Auslandsaufenthalt – so kurz er auch war – hat meinen Blick geöffnet sowie meine Sichtweise auf die Welt und mein Leben verändert.

Diese Erfahrung intensiviert sich, wenn man für längere Zeit ins Ausland zieht oder den Wohnsitz komplett verlagert. Denn dann ist man eben nicht im Urlaub, sondern erlebt ganz normalen Alltag.

Unter dem Hashtag #expatchallenge haben sich kürzlich auf Instagram über 600 Beiträge angesammelt. Deutsche in aller Welt waren dazu aufgerufen, u.a. folgende Fragen zu beantworten:

  • Das bin ich
  • Hier lebe ich
  • Das liebe ich hier
  • Das vermisse ich
  • Wohnen im Ausland
  • Kindsein im Ausland
  • Was ich gelernt habe
  • Wie geht es weiter

Ich habe viele spannende Geschichten gelesen, Eindrücke aus aller Welt bekommen und natürlich mein Netzwerk erweitert. Innerhalb des vergangenen Jahres hatte ich mich bereits weltweit mit Deutschen vernetzt, die es ebenfalls beruflich ins Ausland verschlagen hat.

Dieser Austausch und das Eintauchen in das Leben anderer Expatfamilien tut gut. Denn Familie und Freunde in Deutschland können sich oftmals nur ansatzweise vorstellen, wie es ist, seinen Lebens- und Arbeitsmittelpunkt in ein anderes Land zu verlagern.

„Karrierepfade“ zwischen Great Lakes und Maple Syrup

Weltweit tummeln sich viele Gleichgesinnte und (Expat-)Geschichten aus aller Welt lesen sich meist sehr kurzweilig. Taucht ein in „meine kanadische Welt“…

Lachfalten und Sommersprossen – #dasbinich

Susan, Baujahr 1985, mit Lachfalten und Sommersprossen. Ich bin Personalpsychologin und freiberufliche Autorin. Außerdem bin ich Mutter zweier wundervoller Töchter (geb. 2014 und 2017), Fotografin und seit einem Jahr Expat in Kanada.

Insgesamt drei Auslandsaufenthalte in Frankreich und Kanada sowie unterschiedliche Auslandsreisen seit Kindestagen hatten Geschmack auf das Leben im Ausland gemacht. Mein Mann und ich haben deswegen nicht lange gezögert, als die Anfrage kam, für drei Jahre nach Kanada zu ziehen.

Ohne den Beruf meines Mannes, der uns nach Windsor führte, gäbe es „Karrierepfade“ vermutlich (noch) nicht. Schon länger wollte ich mich beruflich in eine andere Richtung entwickeln. Doch erst die Entscheidung, mit der Familie beruflich nach Kanada zu ziehen, war die richtige Inspiration, eine neue Richtung einzuschlagen.

Karriere sehe ich als eine Reise, bei der der Weg das Ziel ist.

Wo andere Urlaub machen – #hierlebeich

Zurzeit lebe ich in Windsor, Ontario, Kanada. Aufgewachsen bin ich in Eppendorf, Sachsen, einem Dorf am Rande des Erzgebirges. Gelebt habe ich außerdem hier:

  • Toronto (6 Wochen)
  • Paris (6 Wochen)
  • Dresden (4 Jahre)
  • Toulouse (6 Monate)
  • Frankfurt (6 Monate)
  • Bremen (4 Jahre)
  • Kassel (5 Jahre)
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von oben links nach unten rechts: Eppendorf, Toronto, Paris, Dresden, Toulouse, Frankfurt, Bremen, Kassel, Windsor

Insgesamt blicke ich also auf neun Stationen zurück. Fünf davon empfinde ich als Heimat. (Heimat, da war doch was. Ich verspreche, ein Artikel dazu folgt.)

Proud to be Canadian – #dasliebeichhier

Kanadier beginnen Gespräche fast immer mit einem Kompliment, die gegenseitige Wertschätzung wird deutlich stärker als in Deutschland zum Ausdruck gebracht. Meine vierjährige Tochter hat dies bereits übernommen und begrüßt ihre Mitmenschen mit „Mir gefällt dein Shirt“ oder „Du siehst aber heute schön aus.“

Menschen unterschiedlicher Herkunft, Religionen und (Lebens-)Philosophien leben in Kanada problemlos miteinander, denn Kanadier sind sehr tolerant. Vor kurzem sagte mir zwar ein Kanadier, sie seien nicht tolerant, ihnen sei einfach alles egal. Aber ich bleibe dabei: es fasziniert mich, wie friedlich das Zusammenleben trotz teilweise großer Unterschiede abläuft.

Kanadier sind stolz auf sich und ihr Land. Sie zeigen das auch nach außen und niemand findet dies verwerflich.

Von Anfang an ist mir aufgefallen, wie familien- und kinderfreundlich alles ist – angefangen von sehr vielseitigen Spielplätzen, Kindermenüs in nahezu jedem Restaurant (diese werden ungefragt gebracht, es gibt Stifte und Ausmalbilder), Familienwaschräume etc.

Und dann gefällt mir natürlich das Offensichtliche: die Lage von Windsor, inmitten der Great Lakes und direkt an der Grenze zu den USA. Wir haben so viele Ausflugsziele direkt vor der Haustür. Es gibt warme Sommer (von Mai bis Oktober) und schneesichere Winter.

Von Angesicht zu Angesicht – #dasvermisseich

Mir fällt nichts ein, das mir in Kanada fehlt, zumindest nichts Materielles. Es lebt sich einfach sehr gut hier. Was aber natürlich fehlt, sind Familie und Freunde. Dank der Technik sind wir sogar mittlerweile intensiver miteinander in Kontakt als noch in Deutschland. Wir schicken fast täglich Nachrichten und Bilder durch die Welt. Aber sich zu besuchen, gemeinsam ein Gläschen Wein zu trinken, mit den Kindern etwas zu unternehmen, das geht nicht spontan. Dennoch sehen wir zumindest die (Groß-)Eltern mindestens zweimal pro Jahr und die Vorfreude auf diese Treffen ist nochmal deutlich größer. Und die gemeinsame Zeit wird viel intensiver genossen als früher.

Wie im amerikanischen Film – #wohnenimausland

Wie die meisten Kanadier wohnen auch wir in einem Haus (aus Holz natürlich). Ich liebe die eingebauten Wandschränke in jedem Zimmer und auch die Klimaanlage ist im Sommer wirklich Gold wert. Das Haus liegt in einer typischen nordamerikanischen Straße: verschnörkelte, nette Häuser, Basketballkörbe in jedem zweiten Vorgarten, im Sommer wird Limonade verkauft.

In den Vorgärten gibt es keine Zäune, die Kinder rennen fröhlich über alle Grundstücke. Genauso macht es übrigens auch der Postbote…

„Good job, honey“ – #kindseinimausland

Kindergärten in Kanada sind verschulischter und Schule beginnt mit vier Jahren. Es gibt mehr Regeln, gleichzeitig aber auch mehr Lob und Anerkennung. Die deutsche Fehlerkultur ist in Kanada unbekannt.

Da Kanada so multikulturell ist, werden im Kindergarten kulturelle Unterschiede und Feste/Feiertage aus aller Welt besprochen. So kann nicht nur meine Tochter über den eigenen Tellerrand blicken, sondern auch mein Mann und ich.

Kindsein im Ausland bedeutet, die deutsche Familie seltener zu sehen. Vor allem die Großeltern fehlen. Aber es heißt auch, dass man mehr Päckchen geschickt bekommt, was natürlich immer aufregend ist.

Im Ausland zu leben erweitert den Horizont und meine Töchter werden sicherlich ein Leben lang von dieser Erfahrung profitieren. Meine vierjährige Tochter spricht mittlerweile fließend Deutsch und Englisch, ein paar Worte Französisch und kennt ein paar chinesische Lieder.

Lessons learned – #wasichgelernthabe

Im letzten Jahr ist mir definitiv bewusst geworden, dass mir das Leben im Ausland gefehlt hat. Denn es verändert, schärft den Blick und setzt neue Energie frei. Der Tapetenwechsel kam zu einem Zeitpunkt, an dem ich mich beruflich verändern wollte. Und am besten lernt man sich und seine Wünsche kennen, wenn man aus dem gewohnten Umfeld ausbricht.

Ins Ausland umzuziehen und zum zweiten Mal Mutter zu werden, das waren zwei sehr große Veränderungen innerhalb von wenigen Monaten. Ich bin stolz auf alles, das meine Familie und ich im vergangenen Jahr erreicht haben.

Zurück in die Zukunft – #wiegehtesweiter

Zurzeit genieße ich hauptsächlich meine zweite Elternzeit. Dazu gehört es auch, gemeinsam mit der Familie den nordamerikanischen Kontinent zu erkunden.

Allerdings habe ich auch mit „Karrierepfade“ Einiges vor und für diese Pläne werde ich während der Zeit in Kanada den Weg ebnen. Aktuell arbeite ich an einem Buch.

Last, but not least

Vor zwei Jahren – im Mai 2016 – habe ich Karrierepfade gegründet. Für mich. Um tiefer in die Themen Karriere, Karriereberatung und Expatlife einzutauchen. Denn genau darüber schreibe ich hier, auf Facebook und auf Instagram (@within2worlds, @karrierepfade).

Umso mehr freue ich mich, dass diese Themen nicht nur mich interessieren. Herzlichen Dank an dieser Stelle an euch alle, die hier oder auf meinen anderen Kanälen vorbeischauen, lesen und kommentieren. Das bedeutet mir sehr viel.

6 Gedanken zu “Zwischen Great Lakes und Maple Syrup – Deutsche im Ausland zuhause

  1. Pingback: Kanada erstmalig wieder unter den Top 10 Expatdestinationen | Karrierepfade

  2. Interessant geschrieben! ich habe 1997/98 drei Monate in Montréal gelebt und gearbeitet; im Büro wurde mal mehr Französisch mal mehr Englisch gesprochen. Québec ist mit seinen vielen Eigenarten jedenfalls eine Reise wert. Fahrt mal hin! Vor Kanada war ich als Student ein knappes Jahr in Italien, mittlerweile (seit mehr als 5 Jahren) wohne ich aber südlich von Italien … bei klarem Wetter sieht man von Gozo aus sogar den Etna im benachbarten Sizilien. Tislijiet minn-Ghawdex

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