Karrierepfade im Gespräch mit Simone über die Auswanderung nach Australien, Kultur- und Rückkehr-Schock sowie ein ganz spezielles Arbeitsmodell.

Die gebürtige Münchnerin Simone, Hydrogeologin, hat die australische Staatsbürgerschaft, lebte zuletzt in Kanada und ist mittlerweile wieder in Deutschland sesshaft geworden. Zu ihrem 1,5-jährigen Expat-Abenteuer in Saskatchewan hatte ich sie bereits interviewt.
Heute spreche ich mit ihr über ihre Zeit in Australien, wo sie von 2007 bis 2014 lebte. Sie selbst sagt darüber „…wenn es nicht so weit weg von Europa wäre, hätten wir es niemals aufgegeben.“
Karrierepfade: Du wurdest nicht von einer deutschen Firma ins Ausland entsendet, sondern bist auf eigene Faust nach Australien gegangen, richtig?
Simone: Genau. Mein Freund und ich (mittlerweile sind wir verheiratet) wurden damals auf dem Höhepunkt des Mining Booms direkt von unserem australischen Arbeitgeber eingestellt. Wir kamen frisch von der Universität und waren bereit, die Welt zu erkunden. Deswegen haben wir uns nicht besonders lange Gedanken gemacht – das Abenteuer stand im Vordergrund.
Karrierepfade: Hast du dich schnell eingewöhnt?
Simone: Mein Mann hatte bereits längere Auslandserfahrung während seiner Schulzeit gesammelt und mich vorgewarnt, dass man meistens ein Jahr benötigt, bis man in einem fremden Land ankommt. Er hat Recht behalten. Ich habe sogar anderthalb Jahre gebraucht, um mich wirklich heimisch zu fühlen.
Am einprägsamsten war für mich die Eingewöhnung in eine neue Welt. Den australischen Busch zum Beispiel habe ich anfangs als ein einziges großes Durcheinander empfunden. Im Laufe der Zeit wurde er dann für mich einfach unglaublich schön. Am meisten hat mich die landschaftliche Schönheit im Minengebiet überrascht.
Die Schwierigkeiten beim Ankommen können aber auch an unserer damaligen Arbeitssituation gelegen haben. Anfangs haben wir Beide Fly in/ Fly out gearbeitet. Das heißt, wir waren immer 14 Tage on site (Anm.: unterwegs am Arbeitsort) und sieben Tage zu Hause.
Karrierepfade: Wo lagen die Herausforderungen?
Simone: Das Arbeiten im dortigen Bergbaugeschäft hat aus meiner Sicht zum Teil negative Auswirkungen auf die Gesellschaft und die Minenarbeiter selbst. Man unterschätzt leicht, wie anstrengend es ist, zwei Wochen am Stück 12 bis 13 Stunden am Tag zu arbeiten und dann in seiner freien Woche alles nachzuholen, was man in den vergangenen 14 Tagen verpasst hat. Da muss man eine sehr starke Persönlichkeit sein.
Noch bedenklicher finde ich, dass sich manchmal fast eine Art Parallelgesellschaft entwickelt, da man schwer Kontakt zu anderen halten kann, die nicht im Bergbau bzw. auf der gleichen Schicht arbeiten.
Wir haben während der Zeit in Australien viele Beziehungen zerbrechen sehen, bei denen zumindest ein Partner nach diesem Modell gearbeitet hat. Dazu kommt, dass sich viele Minenarbeiter enorm verschulden, um sich etwas aufzubauen, was sie dann weiter an die Arbeit auf den Minen bindet. Wenn man so eine lange Zeit auf der Mine gearbeitet hat, ist es vermutlich auch schwer, sich wieder in die ’normale‘ Gesellschaft zu re-integrieren. Man hat weniger Bekanntschaften aus anderen Bereichen, zum Beispiel durch Sportvereine etc., und die ehemaligen Arbeitskollegen wohnen eventuell sehr weit weg.
Karrierepfade: Dieses Arbeitsmodell war für euch sicherlich nicht einfach. Wodurch stellte sich dann bei dir schließlich ein Heimatgefühl ein?
Simone: Australier sind sehr nett und unglaublich offen. Wir hatten vor allem mit unseren Nachbarn sehr schnell und sehr viel Kontakt.
Am besten hat mir gefallen, dass die meisten Australier neuen Dingen oder Veränderungen erst einmal positiv begegnen. Über eventuelle Probleme machen sie sich erst dann ernsthaft Gedanken, wenn sie auch auftreten. Das hat meiner Meinung nach viel mit Selbstvertrauen und einem gewissen sportlichen Kampfgeist zu tun.
Karrierepfade: Was macht deine Auswanderung nach Australien für dich persönlich besonders?
Persönlich glaube ich, dass es für mich sehr wichtig war, zu erkennen, dass verschiedene Wege an das gleiche Ziel führen und es nicht nur einen ‚Richtigen‘ gibt. Das klingt jetzt erstmal ganz banal, aber es hat bei mir eine Weile gedauert, bis ich aufgehört habe, alles aus meiner ‚deutschen‘ Perspektive zu betrachten und zu bewerten.
Karrierepfade: Ihr seid dann länger als ursprünglich geplant in Australien geblieben, richtig?
Simone: Ja, fünf Jahre länger. Das Alltagsleben in Australien ist einfach unschlagbar schön und wenn es nicht so weit weg von Europa wäre, hätten wir es niemals aufgegeben.
Karrierepfade: Was hast du aus deiner Heimat vermisst?
Simone: Meine Familie und Freunde zuallererst, aber direkt danach die Berge. Als unser Sohn auf die Welt kam, habe ich aus irgendeinem Grund das Bedürfnis gehabt, ihm die Natur zu zeigen, die ich als Kind kennengelernt habe (z.B. einen ‚echten‘ Wald). Wir sind dann aus unserer Wahlheimat Australien zurück nach Deutschland gezogen, um näher an der Familie zu sein.
Karrierepfade: Wie ging es nach deiner Abreise weiter?
Simone: Wir sind in eine Stadt gezogen, in der ich vorher noch nie gewesen bin. Das war schon hart, und ich bin erst einmal in ein Loch gefallen. Es war kalt, Niemand hat mich auf der Straße angelächelt oder einen netten Kommentar gemacht und ich habe unser australisches Leben stark vermisst.
Zum Glück haben wir schnell nette Leute gefunden, sonst wäre ich gleich nach der Geburt unseres zweiten Sohnes wieder zurück nach Australien gegangen.
Karrierepfade: Du hast die australische Staatsbürgerschaft. Spielst du mit dem Gedanken, irgendwann zurück nach Australien zu ziehen?
Simone: Ja, besonders in nassen Wintern. 😉
Karrierepfade: Welchen wichtigen Hinweis hast du an zukünftige Expats?
Simone: Wenn sich die Möglichkeit bietet: Hin da!
Karrierepfade: Herzlichen Dank, liebe Simone, für diese offenen Einblicke!